Donnerstag, 10. Juli 2014

Agenda

Untitled by smallcutsensations

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∆ 25

In Körpern wohnen, die nicht nur die Bezeichnungen in den Anatomiebüchern verdient haben. Erinnerungen, gelernte und abgestoßene Muster wachsen innen, ergeben die Rinde nach außen. Würde man Seelen aufschneiden können, würde man bestimmt auch ihre Jahresringe sehen. Die Zeiten ohne Berührung, du weißt, welche ich meine, und die mit wohligwarmem Brennen in der Gegend um den Brustkorb - auch hier: du weißt, welche ich meine. Und dann all die Lücken dazwischen.

In die Winkel kriechen, an die Stellen, an die das Licht kommt. Mal viel, mal wenig. Dann versuchen, zu verglühen, dann versuchen, nichts von all dem ernst zu nehmen. 

Weil es wehtut, sich konstant offenlegen zu müssen, sich wiederholen zu müssen. Und dann weiß ich nicht, wie ich dir verständlich machen soll, dass die Tage wieder kürzer werden und sich die Zeit noch mehr beeilt als noch vor ein paar Wochen, dass diese Dringlichkeit wächst und die Bedrohungen dieser Welt nicht weniger werden. Ich sehe mich um und alles ist aus Gold, vielleicht halte ich mich aber auch nur an das Licht, das seit Februar in meinen Blutbahnen fließt.


... and complications

Sonntag, 6. Juli 2014

Johnston Sans

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∆ 24

Mein Haar ist zu schwer, es drückt mir auf den Kopf und es zieht sich selbst nach unten. Ich beobachte, wie die Eiswürfel im Glas meines Gegenübers anfangen vor sich hinzuschmelzen. Er stellt mir Fragen und ich meine, so zu antworten, wie es sich richtig anfühlt. Über uns lachen sie, weil auf der anderen Straßenseite ein halbnackter Mann steht, der auf einer Handpfeife spielt. Der Abend ist warm, ich denke an letzte Woche.
Ich erinnere mich an London, weißt du, ich stand oft in der Schlange im kleinen Sainsbury’s in Charington Cross Road und wie ich diese Panikattacken hatte, wenn das Licht flackerte und die Abreise näherrückte, machte damals keinen Sinn, es macht selbst jetzt noch keinen Sinn. Das Hinterfragen von dem was vor sechs Jahren geschehen ist bringt mich nicht weiter. Auf dem Bildschirm über den Kassen lief immer Chocolate von Snow Patrol, die Worte kann ich noch immer auswendig.

Bewegungsmuster also, drei Mal in sechsundzwanzig Jahren, Wichtigkeit hier, Jahreszahlen da. Ich mag nicht um Zuneigung betteln müssen. Das Leere füllen, Unendlichkeit begrenzen, dafür sind wir zu menschlich, das ist da drin, tief im Kern. Ich mag mich nicht immer und ständig offenlegen müssen, das tut selbst mir weh.

Die Profile sind es also, am Morgen sind sie es immer. Der Mann, der an einem der Poller steht, gegen die ich immer laufe, sieht aus der Ferne aus wie Ai Weiwei. Und an den Hauswänden entlang kriecht die Magie von mir in eine dir bekannte Richtung.


I swear I'll never give in, I refuse

Donnerstag, 3. Juli 2014

Garamond

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Ob er denn wisse, dass es eine Schriftart gibt, die seinen Namen trägt, das fragte ich ihn auf dem Weg vom einen Tisch zum anderen. Er sagte, er interessiere sich nicht sonderlich für das, was man mit Wort und Schrift machen könne, er habe andere Schwerpunkte. Aber die gelben Reclam-Heftchen, die lese er sehr gern. Gedanken an mein Elternhaus und daran, dass ich die Worte bald riechen kann: meine, andere, mir nicht so nahe. Und dann musste ich lachen und mir vorstellen, was du wohl gesagt oder gedacht hättest.

Varian-Fry-Straße
Weil ich es fühlen kann, ist es wahr. Weil ich lernen möchte, wie das mit dem langsamen Tanzen geht.

Kurfürstendamm (11:39)
Weil ich immer an die Haut denke, die zwischen Kopf und Schulter wohnt.



Sonntag, 29. Juni 2014

Tratex

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∆ 23

Ich hab es abgezogen und gepult und gezerrt und wache vor Augenpaaren auf, schwarz, lange Wimpern, in meinem Kissen, auf meinem Kissen. Das bekomme ich nie wieder heraus. So wie die Worte im, auf dem Papier, die hat man beinahe mit dem Stift hineingekratzt, nicht so weich wie das, was in zwei großen Stapeln auf dem Fußboden steht. Da, am Bettende, da, wo man sich jetzt die Knie immer einschlägt, weil die Ecken gefährlich bleiben und man zu gerne festhängt.
Weil wir es interessant finden und manchen das Glück in den Schoß fällt und sie es nicht sehen. Weil es Sinn macht, weil die alten Worte sich so schön anfühlen, wie sie brennen und sie so nach abgestandenem Leiden aussehen.

Das waren Nägel und Holzspäne, die Nägel habe ich fast alle wieder eingesammelt. Und ein oder zwei habe ich hinterlassen, da im Flur, wo morgens das Licht so angenehm hineinfällt.


realization grew on me
as quickly as it takes your hand
to warm the cool side of the pillow
(Alt-J - Hunger of the Pine)

*Tratex von Karl-Gustaf Gustafsson, via Transportstyrelsen

Montag, 23. Juni 2014

Lucida Grande

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In meinem Kopf, anstatt außen auf der Stirn: Kains Mal, ich habe sie in Gedanken alle dekonstruiert, ich habe nichts anderes getan als das, weswegen die anderen Menschen von den Orten gehen, verschwinden. Henning, seine dekonstruierte Gestalt und die Hülle, die nicht zu dem passt, was ich kenne vom Leben. Da ist nichts mit Inhalt, da ist nichts, was ich lieben könnte. Noch nicht einmal im Ansatz.
Meine Mutter ist tot und doch hat sie sich in meinem Kopf wiedergeboren, hat die getötet, die ich dachte zu kennen und richtet sich seitdem gegen mich.

Man hätte wohl Abschied nehmen sollen als noch die Möglichkeit dazu vorhanden war, Gebeine, physischer Abschied. Das nennt man wohl die Idee, dass man sich stattdessen von einem Konstrukt im Kopf hat verabschieden müssen.
Deswegen macht nichts mehr Sinn.

Henning, der nicht locker lässt, trotz Fäusten, die man ihm ins Gesicht schlägt. Da hat wohl jemand ein unendliches Energiereservoir. Die kleinen Menschen, die ihn beobachten, wenn er in Wartezimmern sitzt oder in Bahnhöfen steht.
Von der Angst erzählt er zur Genüge, von der Angst, Leute nicht mehr wiederzusehen, die sich mal in sein Leben katapultiert haben. Aber das heißt nicht, dass man uneingeschränkt bleiben muss. Das heißt nicht, dass ich das annehmen kann.


you cover your tracks
where the hell do you hide?
and I'm always surprised
as if it was the first time
(Francis International Airport - Bug)

SPT II

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Sebastian
Januar & März 2014
Berlin Mitte / Berlin Prenzlauer Berg


Sonntag, 22. Juni 2014

Helvetica Neue

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∆ 22

Ich bin die schlimmste Katze, die du jemals kennengelernt hast.
Ich habe den Drang nach einem richtigen Spiegel, keiner Spiegelfolie. Nie wieder der billige Abklatsch von etwas, von dem man glaubt es nicht zu verdienen. Früher: weil alles andere, alle Anderen ja so viel mehr strahlen und leuchten und es in einem drin ja nie so viel gibt, nichts gibt, weil es ja nie etwas gibt in einem um das sich andere Menschen bemühen könnten, würden, sollten. Jetzt: ich will das Leben in der Totalen, meiner Totalen, will verbluten und will mir die Worte nicht selbst verbieten, will wissen und fragen, geben und nehmen können. Die gesündeste Variante des Existierens, die absolute, die schmerzhafteste.

Und wo wohnen dann die Gefühle, wenn man Angst vor ihnen hat? Wohnen sie tief in deinen Schädelknochen, erkennt man sie nur im MRT, im CT? Stecken sie in deinen Albträumen fest oder wandern sie in meine Träume, gelegentlich die schlechten, gelegentlich die guten? Ist es nicht einfacher, sagen zu können, man lebt sich durch die Vielfalt der Schichten, hinein in den Kern, liebt sich in, durch die Panzer der anderen Menschen? Und wo bleibst du dann dabei, vergehst du auch an den Anderen, vergehst du am Gedanken daran, dass dich die Dinge, die Menschen, die Gefühle in deinen Schädelknochen lähmen könnten, dass du alleine nicht mehr atmen kannst, dass du zu viel aus dir herausblutest? Oder vergehst du zusätzlich wie ich daran, dass es Menschen gab, die Leben wollten und starben, ohne, dass sie es wollten und du immer dachtest, du bist selbst nicht fähig dazu? Das Wünschen in die Gegenden, die niemand sonst verstehen kann.
Ich bin immer noch da.