Samstag, 19. November 2011

fake plastic trees

Untitled by smallcutsensations

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Wenn Katharina dann nach einer gefühlten Ewigkeit tatsächlich aufstand, war sie sehr spät dran; verschlafen lächelnd taumelte sie gen Henrik, den ihr morgendliches Prozedere nervös machte, schließlich störte sie seine Abläufe und verlängerte sein Warten auf ein ruhiges, leeres Haus. Oft schaute er ihr zu, wie sie ihren Kaffee kochte, in großer Hast aus der Tür stürzte und ihr Kaffee wieder kalt wurde. Erst wenn sich auch die Tasse, in dem das Getränk vor sich hinschwamm, abkühlte, würde er mit seiner täglichen Tour beginnen.
Eigentlich wohnte sie gar nicht bei ihm. Vor ein paar Jahren stand sie an seiner Tür, sie erinnerte ihn an Rotkäppchen und den bösen Wolf, er war der Wolf in Großmutterkleidung, nur gab es niemanden, der sie vor ihm retten konnte. Ich bin Katharina, sagte sie, nicht mehr und nicht weniger, er war allein, sie war es ebenfalls, also zog er sie immer mehr in seinen Alltag hinein, irgendwann war sie komplett mit ihm verwachsen, mit dem Haus, auch wenn sie nur wenige Stücke im Haus zurückließ, das meiste war in ihrem kleinen Auto, das sie ähnlich schrecklich fuhr wie sie Essen kochte. Trotz allem sagte sie nie, dass sie am Abend nach Hause kommen würde, umgemeldet war sie erst recht nicht, sie mochte es, die Möglichkeit zu haben, jederzeit wieder zu gehen. Nur merkte Katharina nicht, dass sie ohne ihn nicht mehr lebensfähig war.
Manchmal blieb sie allerdings mehrere Tage, sie würde es so lange aushalten, bis ihr der Benzingeruch zu viel wurde, wir sind doch hier nicht auf einer Tankstelle. Henrik würde dann kurz nicken, enttäuscht lächeln und wieder in seinen Vorgarten gehen, um ein weiteres Loch für seine Kanister zu graben. Katharina würde schreien, manchmal weinte sie auch vor Wut, dann aber nahm sie ihren Morgenmantel und ihre Schlappen, beide hatte sie am Morgen achtlos an und vor das Bett geschmissen, sie warf die Haustür mit Schwung zu, sie musste eine Szene machen, Henrik musste merken, dass sie gehen würde, dass sie diesmal nicht zurückkommen würde, nicht so, wie sie es sonst immer tat.
Er machte sich überhaupt keine Illusionen darüber, dass sie am Ende des Tages wieder vor seiner Tür stehen würde, mit schuldvergilbtem Blick, beinah wie eine streunende Katze, die um Futter bettelte. Wenn er sie dann in seine Arme nahm, hatte er seine Gedanken schon wieder bei der Organisation des kommenden Tages gelassen: Ölpreise, Tankstellen, konstante Preisabfragen im Internet, Arbeit, nach Hause kommen, Flutlicht, Graben im Boden mit einem alten Spaten, mühsam, beruhigend, warmes Abendessen, Katharinas Körper in der Betthälfte neben ihm, schnarchend, zusammengefaltet wie ein Schweizer Taschenmesser.

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auch wenn wir uns ein rätsel sind: wir haben unendlich rückenwind. (dorfdisko)

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