Donnerstag, 15. November 2012

get free

Untitled by smallcutsensations

für immer die menschen, eine fragmentfortsetzung.


Ich schiebe Zettel unter der Tür durch, manchmal bleiben sie an den Dielen hängen oder landen direkt im Raum zwischen ja und nein und nichts, hier muss ich mich bewegen, damit das Holz nicht noch mehr Schiefer in meine Haut reißt, dort muss ich still halten, damit ich das glauben und verstehen kann, was sich alles schon in dem Raum zwischen ja und nein und nichts befindet. Noch kann ich dich hören, sicher bin ich mir nicht mehr zu genau darüber, was du eigentlich gesagt hast. Das sind die Büchertürme um mich herum, Abbildungen von Kopien von Gedanken einiger Menschen, die Dinge gedacht haben, die ich nie denken konnte. Früher mehr erlesen als erleben, die berühmten Namen, die du bestimmt auch hast, also die für dich allein; ich frage mich, ob das freiwillige Schlafen auf kaltem Beton nicht schon in der Haut schmerzt, das muss doch selbst unter Betäubung wehtun, so ganz allein, dort im Dunkeln.
Ja, keiner der Zettel wird ankommen, das ist wie mit den Burggräben, das ist wohl wirklich der Raum im ja und nein und nichts, und weil ich das weiß, sammle ich sie alle in einer Kiste, eine, die du wohl nie sehen wirst und vielleicht weißt du das sogar und vielleicht frage ich mich deshalb, wieso dein Burggraben so tief und so unüberwindlich geworden ist, dass man noch nicht einmal von der einen Seite auf die andere Seite rufen kann, weil alles in einem Echo verhallt. Ich halte noch die Decken bereit für deine zitternden Schlangenbeine, selbst für die Widerhaken auf der Innenseite deiner Haut. Das Hoffen, dass du nicht mehr über sie stolpern wirst, sondern, dass du endlich für dich aufstehst. Das Hochgehen von Treppen, dort oben findest du dich selbst, dann die Feststellung, dass das wirklich so sehr wehgetan hat, dass man sich fragt, wie das alles auszuhalten war, da unten, da auf dem kalten Beton, da, wo es dunkel ist, da unten im eigenen Dickicht. Und womöglich bist du dann, nach dem Herausschälen aus dem Dickicht noch stärker als ohnehin schon, nicht nur womöglich sondern ganz bestimmt und vielleicht weißt du dann, was ich meinte, als ich dir sagte, dass alles, was war, dich auf das vorbereitet, was wird. 
Und du, wo bleibst du dabei, könnte man fragen, dabei weiß ich noch nicht einmal wer man ist, aber ich könnte davon erzählen, wie du ganz unverhofft vor meiner Tür gesessen hast, wie ich selbst keinerlei Kraft hatte, wie ich noch nicht einmal die Waschmaschine anstellen oder mich selbst zudecken konnte, einfach, weil ich erfrieren wollte, weil mir nicht bewusst war, wo alle meine Reserven hin verschwunden waren. Und ich könnte davon erzählen, wie du nicht weggegangen bist, obwohl ich nicht wusste, wer du bist und wieso du mir warme Suppen reichst, ich glaube, ich wäre sonst verhungert.
Dann könntest du mich fragen, wieso ich nichts mehr gesagt habe, wieso ich dich scheinbar vergessen habe, ob ich dir wehtun wollte, wieso ich nicht vor deiner Tür stand, so wie du es für mich getan hattest. Ich würde dir jetzt antworten, aber ich wüsste nicht, ob du es verstehen würdest, denn ich würde dir dazu zu gern eine Geschichte erzählen, weil es eine ist, die vom Finden und gefunden werden erzählt, sie mich warm hält und weil sie nicht vom Vergessen handelt. Letztlich aber würde ich dir vorerst sagen, dass man manchmal, wenn man wegradiert wird, erstmal das sein muss, was der andere sich wünscht. Damit man sich irgendwann wieder kennenlernen kann.
Trotzdem höre ich dich von Zeit zu Zeit schlottern, dann denke ich an deine warme Haut und hoffe, dass du genug wärmende Kleidung hast, damit deine Haut warm bleibt. Und nicht nur das.

I wept when we parted
And wept when we united
In poverty, my love
we have everything

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ich danke dir.