Montag, 19. November 2012

where no-one will dream her when they sleep

Untitled by smallcutsensations

Montage sind die Arbeitstage. Bahn leer, mittags. Dann ein Besuch an einem Ort, der Sicherheit bietet. Ich stelle mir Fragen, die niemand beantworten kann, etwa, wieso fast alle alten Damen kurze Haare haben. Ist es ein »ich habe so lange so viel Mühe auf meine Haare verschwendet und jetzt habe ich keine Zeit mehr«; das ist eine ähnlich unlösbare Fragestellung wie die nach der Haarfarbe. Wenn es so weitergeht, bin ich weiß mit vierunddreißig, jeden Tag ein neues Haar ohne Pigment, an manchen Stellen spiegelt sich mein Vater in mir wieder, dann spiegelt sich ein anderer Mensch wieder in einem Bild von meinem Vater, das er hat machen lassen, bevor meine Schwester auf die Welt kam. Vielleicht war er sogar noch jünger, ich weiß es nicht. Ich habe kurz inne gehalten, drüben ziehen sie immer die Vorhänge zu, also da drüben im Hostel, eigentlich interessiert sich hier niemand mehr für das da drüben, wenn ich alleine bin, schaue ich auch nicht hin. Das ist wohl der verzweifelte Versuch, die eigene Privatsphäre zu schützen, wie das funktioniert mit sieben anderen Leuten im Zimmer weiß ich nicht. Und vorhin habe ich dann auch wieder die Stadt gesehen, wie ich sie manchmal ertragen kann, halb diesig, nicht wirklich klar, da der Gedanke an für immer die Menschen, dann meine Mutter, mein Vater und ihre Bemerkung von gestern. Gibt es dich auch noch? nach einiger Zeit verkehrt in ein seit Ende August ist nicht mehr viel von dir übrig geblieben und mein Zweifel daran, dass die Sorge aufrichtig ist, vielleicht ist das eine Pflicht, vielleicht aber auch einfach nur ein Kommentar, einer, der eigentlich nicht so wichtig erscheinen sollte. Oder wie mein Vater vor zwei Monaten sagte »bitte verschwinde nicht«. Tief einatmen, tief ausatmen. Solange mein Brustkorb noch an Ort und Stelle ist, kann es nicht so schlimm sein. Meine Therapeutin sagt, ich kann gut reflektieren, irgendwie sagt sie das immer wieder, dann zweifle ich das immer wieder an, weiß aber, dass die kleinen Zweifel nicht begründet sind. Manchmal das fehlende Wissen oder das fehlende Verständnis, wenn ich einen Schritt weiter bin als andere, dann ein großes Zweifeln, die Frage nach dem »warum«, dem, als Wort, auch nicht so leicht Einhalt zu gebieten ist. Steht im Raum wie ein großer, überdimensionierter Klotz, weil man wohl kaum etwas damit anfangen kann. Trotzdem würde ich die Frage stellen. Das Wort mit "L" gibt es noch in meinem System, nur zieht es gerade durch die Gegend wie ein kopfloser Reiter.
Montage sind Arbeitstage. Straßen, abartig leer, Restbestand Motivation, keine Bange, der ist bald aufgebraucht. Der Gedanke an Zeilen eines Liedes, über das ich immer lachen muss, ich streiche wirklich Textstellen in Büchern an, lese Texte über Texte und das könnte momentan mir nicht mehr zuwider sein. Das Zusammensticken meinerselbst erscheint da eine gute Alternative zu sein zu dem immer wiederkehrenden Thema, das nichts mit Vergessen zu tun hat. Es als »Thema« zu betiteln oder gar abzutun, wird dem, worum es geht, jedoch eigentlich nicht gerecht.
In der Bahn dann die alten Damen mit den dünnen Knöcheln in Schuhen, die nicht bequem aussehen, aber, so versicherte mir mal meine Großmutter, der Doktor sagte, sie seien gut zu den Füßen. Sie klagte allerdings immer nur über noch mehr Schmerzen, mir kam das merkwürdig vor. Auf der anderen Straßenseite dann eine Frau mit einem Ed Hardy Overall, drauf steht in für mich unansehnlichen Ornamenten »Love kills slowly«, ich denke: »Ed Hardy kills love slowly« und streife weiter mit dem Kopf. Sonst wird es zu anstrengend für mein Herz.

Neunzehn.
Es wird von Woche zu Woche merkwürdiger in der Sonne zu sitzen, da in dem Raum im ersten Stock. Die Vermutung, dass meine Therapeutin weiß, dass ich diesen Raum sehr mag; sieht man mir an, dass ich, ähnlich wie ein Reptil, mich in der Sonne aufwärmen muss? Anwandlungen eines Geckos oder Chamäleons, da bin ich mir nie so sicher. Ich lese ihr in letzter Zeit fast immer etwas vor, mittlerweile habe ich kein Problem mehr damit, am Anfang war es komisch. Schließlich blute ich immer so sehr auf Papier, ob das andere Menschen auch so tun, frage ich mich oft, aber dann traue ich mich doch nicht, zu fragen. Teile deines Ichs mit anderen zu teilen ist allerdings immer schmerzhaft, das weiß ich, seit ich acht bin, erst recht aber seit 2008.
Gespräche über das Erkennen der Bedürfnisse, Übungen für zu Hause, einen Schritt zurückgehen, um wieder auf die physische Reflektionsebene zu kommen, meine Therapeutin meinte, ich hätte diese schon übersprungen und sei schon vor langer Zeit bei Gedanken und Gefühlen angekommen. Und jetzt: bewusst werden lassen - das Gewicht des eigenen Körpers, der Atem, die Stellung der Beine, das richtige Stehen. Ein irritierender Schritt "zurück".


her thoughts went
hide from me
but please still
seek for me

1 Kommentar:

  1. " ... ob das andere Menschen auch so tun, frage ich mich oft ..."

    Ja, sie tun es und vielleicht sogar genauso oft und intensiv wie Du. Und das ist gut so. Das muss so. ;-)

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hej. alles, was du sagst, ist wichtig.

ich danke dir.